Repression gegen Tierbefreiungsaktivist_innen in Spanien

„Eine Botschaft an Aktivist_innen und an alle, die an der Tierrechtsbewegung beteiligt sind: Habt keine Angst und zieht euch nicht zurück. All das ist nur eine „natürliche“ Reaktion, die uns zeigt, dass wir effektiv sind und dass wir jenen schaden, denen wir auch schaden sollten.“ (Sharon)

Am frühen Morgen des 22. Juni 2011 durchsuchten Beamte der staatlichen spanischen Polizei die Wohnungen von 12 Aktivist_innen in verschiedenen Orten des Landes (Madrid, Asturien, Baskenland und Galizien). In einem Interview sprechen Sharon und Jose über die spanische Tierbefreiungsbewegung und die Repression von der sie betroffen sind.
Das ganze Interview mit Sharon und Jose von Igualdad Animal / Animal Equality findet ihr hier:

Solidarität mit den „Barchem 4″!

In den letzten Jahren wuchs die Repression gegen Befreiungsbewegungen. In unterschiedlichen Ländern rücken die Behörden unterschiedliche Bewegungen in den Fokus, aber eines ist allen Repressionsfällen gemein: Staat und Regierung verteidigen die Ausbeuter, nicht die Ausgebeuteten. Sie schützen die Täter, nicht die Opfer. Sie schützen diejenigen, die vergewaltigen, morden und versklaven. Nicht diejenigen, die gegen die Existenz der Käfige kämpfen. Um dies zu bewerkstelligen, erlassen sie neue Gesetze, setzen Spezialeinheiten der Polizei ein und nutzen immer mehr und immer bessere Überwachungstechniken.

Statement einiger Angeklagter aus dem „Barchem 4“-Verfahren:

Diese Zeilen sind für alle, die sich jemals hilflos und ohnmächtig gefühlt haben angesichts eines Gegners, der tausendfach größer ist, als man selbst.
In diesem Fall trifft es die Tierbefreiungsbewegung. Wir, die AutorInnen dieser Zeilen, sind einer Straftat beschuldigt: Angeblich sollen wir im niederländischen Dorf Barchem fast 5000 Nerze in aus ihren Käfigen freigelassen haben, in denen sie ein Leben in Angst, Elend und Gefangenschaft erlitten hätten, um schließlich ermordet und zu einem Pelzmantel gemacht zu werden.

Aus diesem Grund erwartet uns am 25. und 27. September 2012 ein Prozess in Holland.

Wir werden keine weitere Worte zu dem spezifischen Fall verlieren, da uns der Prozess noch bevor steht, aber wir möchten unsere Perspektive zur Bewegung darlegen – darüber was Repression mit ihr macht und was Repression wirklich für uns bedeutet.
Wir müssen mit der Repression einen direkten und klaren Umgang finden. Wir müssen sie erwarten, wir müssen uns auf sie vorbereiten und wir müssen bereit sein, mit den Konsequenzen umzugehen, die resultieren, wenn wir die gegenwärtigen Verhältnisse in Frage stellen. Ohne dieses Bewusstsein werden wir unsere Leben in Angst verbringen und in keiner Weise effektiv kämpfen können. Repression wird aus Effektivität geboren. Jede Handlung hat eine Reaktion. Regierungen und Polizei schreiten ein, um effektive Strategien, um unsere Ziele zu erreichen, zu stoppen. Wären wir ineffektiv, so würde nichts geschehen, um uns zu stoppen, da es die Herrschenden schlichtweg nicht kümmern würde.
Wir müssen mit der Repression umgehen, wenn wir wirklich einen sozialen Kampf etablieren wollen, der eine tatsächliche Veränderung herbeiführen kann. Repression und sozialer Wandel sind im Wesentlich zwei Seiten der gleichen Medaille. Die schlechteste Reaktion auf Repression ist es, verängstigt davon zu laufen. Hieraus speist die Repression ihre Kraft. Wir als Bewegung entscheiden, wie wir auf Repression reagieren und ob wir ihr erlauben können, dass sie uns beeinflusst oder nicht. Mit den Kampagnen weiterzumachen, die sie stoppen wollen, ist der absolut beste Weg, die Repression zu bekämpfen. Steht wieder auf und schlagt härter und besser zurück, seit organisierter, stärker und besser vorbereitet. Erwartet Repression und geht mit ihr um, um ihren Einfluss zu verringern. Lernt aus den Fehlern anderer und stärkt unsere Strategien. Andernfalls geben wir den Herrschenden den Fahrplan in die Hand, wie sie auch jede andere Form des Widerstands in jeder anderen Bewegung niedertrampeln können.
Dies ist ihre Arbeitsweise: Sie treffen einen von uns, um Tausenden eine Lehre zu erteilen. Das ist das eigentliche Ziel von Festnahmen und Hausdurchsuchungen, von Isolation und Gefangenschaft. Es ist ihre wichtigste Waffe: Uns die Angst einzutrichtern, um uns harmlos zu machen und uns zum Schweigen zu bringen.
Aus diesem Grund möchten wir, während wir auf unseren Prozess warten, alle daran erinnern, dass auch wir unsere Waffe haben. Es ist eine stärkere Waffe als ihre, weil sie aus Mitgefühl und Wut gebaut wurde. Sie fußt auf unserem Engagement und auf der Aufrichtigkeit zwischen Menschen, die das gleiche Gefühl von Dringlichkeit teilen: Sie nennt sich Solidarität.
Solidarität bedeutet, sich gegenseitig in schweren Zeiten zu unterstützen, aber auch zurückzuschlagen und weder unsere Angst Überhand gewinnen zu lassen, noch uns vor unserem Aktivismus abzuhalten.
Sie bedeutet, als Bewegung zusammenzuhalten, mit all unseren Stärken und Fähigkeiten. Und zu guter Letzt, auf Grund unseres gemeinsamen Ziels zusammenzustehen: Das Ende der rücksichtslosen Ausbeutung unserer Mitlebewesen und des Planeten, auf dem wir alle leben.
Solidarität ist der Schlüssel, um jeden sozialen Kampf am Leben zu halten und eine Bewegung aufzubauen, die sie niemals zerschlagen können.

Weil niemand frei ist, solange nicht ALLE frei sind.

Einige Angeklagte des „Barchem 4“-Verfahrens.
Lest mehr auf: http://www.svat.nl/barchem4/en/index.html
(Dieser Text wurde aus dem Englischen übersetzt)

„Der Prozess“

Türen werden mit Rammböcken aufgebrochen, vermummte Kommandos stürmen mit Stahlhelmen und geladenen Waffen die Wohnungen, jagen junge Menschen aus ihren Betten und setzen ihnen Pistolen an den Kopf. Die Beamten werfen Computer auf den Boden, durchwühlen Schränke und Betten. Kinder stehen verängstigt daneben. Das sind keine Szenen aus dem Irak-Krieg, sondern die Bilder eines Polizei-Einsatzes in Österreich 2008, bei dem der Mafia-Paragraf 278a just gegen Tierschützer in Anwendung gebracht wurde. Mit dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation reichte somit schon die Vermutung auf Sachbeschädigungen aus, um zehn der Aktivisten ins Gefängnis zu bringen. Zwei Jahre Überwachung, drei Monate Untersuchungshaft und die Beschlagnahmung von Materialien durch die Einsatzkommandos erbrachten nicht die erhofften Beweise. Die Staatsanwaltschaft stellte dennoch Antrag auf Haftverlängerung, mit dem Argument, es handle sich um eine besonders klandestine, kriminelle Vereinigung. Der Strafantrag folgte ein Jahr später. Und weil den ermittelnden Behörden immer noch der wesentliche Anfangsverdacht fehlte, lauschten Spezialeinheiten wochenlang penibel bis in die Schlafzimmer der Angeklagten. Verdeckte Ermittler nahmen an hunderten Veranstaltungen teil, ehemalige Tierschützer wurden von der SOKO zu Vertrauenspersonen umgepolt. Neben dem Verteilen von Flyern und der Behinderung von Tiertransporten gaben sie heimlich Aufzeichnungen an den Verfassungsschutz weiter.

Fazit: Fünf Millionen Euro Ermittlungskosten, aber keine schlagkräftigen Beweise. Was bleibt ist der ebenso nebulose wie höchst bedrohliche Anklagepunkt, der gemäß dem §278a lautet: „… der/die Angeklagte hat sich auf andere Weise bei einer kriminellen Organisation beteiligt, indem er/sie Information, Wissen oder anderes für strafbare Handlungen zur Verfügung gestellt hat.“ Dieser lapidar klingende Gesetzestext ermöglicht es den Richtern, Beschuldigte auch ohne Beweise für konkrete Straftaten festzunehmen. Das ist ein Warnsignal auch für große NGOs wie Greenpeace, Global 2000 oder attac, dass „Direct Actions“ und ziviler Ungehorsam auf das Schärfste bestraft werden können. (…)

Quelle: http://www.derprozess.com/

Zum Film „Der Prozess“:

Über ein Jahr dauerte der Prozess gegen 13 Tierschützer, die nach Paragraf 278a, dem sogenannten Mafia-Paragrafen, angeklagt wurden. Den NGO-Aktivisten wurde die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen; am Ende freigesprochen, aber vor dem finanziellen Ruin. Handelte es sich um einen Musterprozess gegen zivilen Ungehorsam? Der Filmemacher Gerald Igor Hauzenberger begleitete einen der größten Prozesse der Republik mit der Kamera.

Österreich 2011, 116 Minuten, 1,85:1, 35 mm. DCP, 120 Minuten

6.-16. Oktober: Die nächste Feierwoche gegen Repression!

Nach dem Erfolg im Mai findet vom 6.-16. Oktober 2011 zum zweiten Mal die Soliwoche gegen Repression statt. Das Ganze lebt von Aktionsgruppen, die in ihren Städten Veranstaltungen planen und durchführen. Lasst euch also wieder etwas einfallen und schickt euren Veranstaltungshinweis an totale-liberation (ät) riseup · net.

Geimeinsam sind wir stark!

6.-16. Mai: Feierwoche gegen Repression!

Vom 6.-16. Mai 2011 findet die erste Soliwoche gegen Repression statt.
Das bedeutet: Eine Woche feiern gegen Herrschaft und Unterdrückung. Mit der Aktionswoche soll das Thema Repression in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden; mit Infoveranstaltungen, Soliküchen, Partys und was euch sonst noch einfällt, soll über die Tierbefreiungsbewegung und staatliche Repression informiert werden. Da Repression die davon Betroffenen viel Geld kostet (Anwält*innen, Gerichtsverfahren etc.), soll der Erlös der Veranstaltungen komplett in Antirepressionsarbeit fließen und möglichst viele Aktivist*innen der Tierbefreiungsbewegung unterstützen.
Gerichtsverfahren und Klagen von Wirtschaftskonzernen der Tierausbeutungsindustrie werden mehr. Massive Eingriffe in die Privatsphäre durch Überwachung, Hausdurchsuchungen, bis hin zu Inhaftierungen von Tierbefreiungsaktivist*innen, nehmen zu. Menschen, die sich für die Befreiung von Menschen und nichtmenschlichen Tieren einsetzen, sind in immer größerem Ausmaß von staatlicher Gewalt betroffen. Staat und Tierausbeutungsindustrie arbeiten Hand in Hand, wenn es darum geht, Aktivist*innen finanziell, psychisch und physisch zu ruinieren.
Dem können wir nur mit SOLIDARITÄT begegnen. Wenn die Institutionen von Staat und Wirtschaft glauben, mit Gewalt und Einschüchterungsversuchen die Bewegung für die Befreiung von Mensch und Tier zu schwächen, irren sie sich. Die staatliche Gewalt mag wie ein Schlag in unser Gesicht sein, Hausdurchsuchungen und Gerichtsverfahren mögen uns kurzfristig schwächen und Gefängnisstrafen einige von uns über Jahre unter totale staatliche Kontrolle bringen; stoppen können sie uns damit aber nicht.
Weltweit ist der Trend der Einschüchterung und der Versuch, emanzipatorische Bewegungen zu kriminalisieren, vermehrt erkennbar. Wenn die Herrschenden und jene, die von Ausbeutung profitieren, glauben, uns damit lahmlegen zu können, täuschen sie sich. Wir lassen uns nicht einschüchtern! Wir zeigen, dass Formen von Unterdrückung vielseitig und komplex sind und nicht isoliert betrachtet werden können, sondern miteinander verschränkt sind. Für eine freie und solidarische Gesellschaft muss auf allen Ebenen und immer wieder auch gemeinsam gekämpft werden.
Mit staatlicher und ökonomischer Gewalt wächst unser Widerstand. In diesem Sinne: Wir sehen uns auf den Straßen, in Mastanlagen und Pelzfarmen, vor Tierlabors und Knästen, am Tag und bei Nacht, wir sehen uns im Gerichtssaal, wir sitzen im Publikum ganz hinten oder auch mal ganz vorne, wir lachen, klatschen und schlagen Türen zu, wenn wir uns danach fühlen und freuen uns auf die nächsten Vorstellungen!

Bis jeder Knast und jeder Käfig leer ist!